Mittwoch, 22. Juli 2009

Priester-Rosenkranz

Papst Benedikt XVI hatte anlässlich des 150. Todesjahres des „Pfarrers von Ars“ im März 2009 ein weltweites „Priester-Jahr“ angekündigt. Das Jahr solle vor allem der geistigen Vertiefung der rund 400.000 katholischen Priester in der Welt dienen. Davon hinge die Effizienz ihres Amtes ab, so der Papst in seiner Ansprache an die Kongregation für den Klerus (OR, Nr. 12 vom 20. März 2009).
Am Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, dem 19. Juni 2009 – dem Tag, der traditionsgemäß dem Gebet um die Heiligung der Priester gewidmet ist – hat der Papst das Priester-Jahr eröffnet. „Dieses Jahr, das dazu beitragen möchte, das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu fördern, wird 2010 wiederum an diesem Hochfest seinen Abschluss finden“ (Schreiben des Papstes an die Priester zur Eröffnung des Priester-Jahres). Das Jubiläumsjahr steht unter dem Leitwort „Treue in Christus, Treue des Priesters“ und wird genau ein Jahr später mit einem Weltpriestertreffen auf dem Petersplatz in Rom enden.
In der Zweiten Vesper nach der Kurzlesung hielt der Papst eine Predigt zu dem Thema: „Im Herzen Jesu kommt der wesentliche Kern des Christentums zum Ausdruck“. In der Predigt nahm er auch Bezug auf sein Schreiben an die Priester zur Eröffnung des Priester-Jahres. In beiden Texten zitiert er einen Ausspruch des Pfarrers von Ars: „Nach Gott ist der Priester alles! … Erst im Himmel wird er sich selbst recht verstehen“ (beide Texte im OR, Nr. 26 vom 26. Juni 2009).
Auf der Grundlage der Predigt des Papstes in der Zweiten Vesper wurde der nachfolgende Priester-Rosenkranz formuliert. Er enthält einige wesentliche Aussagen der Predigt.

1. Jesus, aus dessen Herz das Geschenk des priesterlichen Dienstes an Kirche und Menschheit hervorgeht.
2. Jesus, der mich davor bewahre, den mir anvertrauten Seelen durch Nachlässigkeit oder Schande Gutes vorzuenthalten oder Schaden zuzufügen.
3. Jesus, zu dessen Herz mich meine Mängel, Grenzen und Schwächen zurückführen mögen.
4. Jesus, von dessen am Kreuz durchbohrten Herzen, dem Quell der Liebe, ich mich niemals entfernen will.
5. Jesus, der mich mit jener seelsorglichen Liebe entflammt, die fähig ist, mein persönliches Ich seinem Ich anzugleichen, um ihn in der vollständigsten Selbstschenkung nachahmen zu können.


Adressat
Der Rosenkranz gedacht für die Priester, die in privater Meditation wesentliche Aussagen der Predigt des Papstes und die Größe und Verantwortung des von Gott erhaltenen Geschenks des Priestertums betrachten wollen; er ist weniger geeignet für das Gebet in einer Gruppe.

Form
Der private Charakter kommt darin zum Ausdruck, dass die Gesätze in der 1. Person (des Beters) formuliert sind, woraus sich eine grammatikalische Spannung zum Plural des Avemaria ergibt.
Der private Charakter zeigt sich auch in der theologischen Dichte, so im 5. Geheimnis. Dies ist ein besonderes Anliegen des Papstes; in seinem „Schreiben“ heißt es: „In Jesus fallen Person und Sendung im Grunde zusammen: Sein gesamtes Heilshandeln war und ist Ausdruck seines ‚Sohn-Ich‘, das von Ewigkeit her vor dem Vater steht in einer Haltung liebevoller Unterwerfung unter seinem Willen. In bescheidener und doch wahrer Analogie muss auch der Priester diese Identifizierung anstreben.“ Diese Gedanken hatte der Papst auch in seiner Predigt aufgenommen. Ich habe versucht, dies in eine „bet-bare“ Formulierung umzusetzen.
Die Formulierungen beziehen sich indirekt auf Jesus, grammatisch in der 3. Person genannt, und können in das „Gegrüßte seist du, Maria“ eingefügt werden.

Intention
Der Rosenkranz möchte nach dem Willen des Papstes dazu beitragen, „das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu fördern“.

Dienstag, 21. Juli 2009

Heiliger Geist, komm und entzünde uns, aber verbrenne uns nicht!

Predigt im Konventamt in der Klosterkirche St. Ottilien
Pfingstsonntag, 31. Mai 2009
Pater Willibrord Driever OSB

Eine Spannung liegt in den Lesungen und Gebeten und Gesängen der heutigen Liturgie. Die Spannung von Bitte und Erfüllung.

einerseits: Wir beten um die Sendung des Heiligen Geistes:
1. im Tagesgebet: Erfülle die ganze Welt mit den Gaben des Heiligen Geistes.
2. im Graduale: Emitte Spiritum tuum: Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu.
3. Sequenz: Komm herab, o Heil'ger Geist... (GL 244)
4. Ruf vor dem Evangelium: Veni Sancte Spiritus: Komm, Heiliger Geist, und erfülle die Herzen deiner Gläubigen, und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.
5. im Gabengebet: Allmächtiger Gott, erfülle die Verheißung deines Sohnes: Sende uns deinen Geist, damit er uns in die volle Wahrheit einführt.

Andererseits: In den Lesungen und im Evangelium hörten wir vom Kommen des Heiligen Geistes und von seinem Wirken.

1. die Lesung aus der Apostelgeschichte berichtet das Pfingstereignis,
2. die Lesung aus dem Korintherbrief beschreibt, wie der Geist Christi die Vielheit der Gaben und Dienste bewirkt und wie er die Einheit des Glaubens und des Bekenntnisses schafft,
3. das Evangelium verkündet, wie der auferstandene Herr am Ostertag den Geist schenkt. Der Ostergruß des Auferstandenen heißt "Friede".
Seine Ostergabe ist der Heilige Geist.

Die Spannung von Bitte und Erfüllung.
Die Bitte um die Gabe des Geistes und die Erfüllung der Bitte in der geschehenen Gabe. Dies in der Liturgie. – Aber nicht nur dort.

Sondern auch in unserem Leben.
Wir sind alle getauft. In der Taufe hat Gott uns seinen Heiligen Geist geschenkt.
Er hat uns die Gaben von Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt.
Er hat uns die heiligmachende Gnade geschenkt.

Aber wir erfahren den Heiligen Geist und sein Feuer so selten in unserem Leben.
Warum?

1. Vielleicht, weil wir sein Wirken in unserem Leben nicht erkennen.

Im Credo bekennen wir jeden Sonntag: Ich glaube an den Heiligen Geist. - Was heißt das denn? Wir können das mal durchbuchstabieren:
Ich glaube an den Heiligen Geist, das heißt: Ich glaube,
- daß er meine Vorurteile abbauen kann,
- daß er meine schlechten, eingefahrenen Gewohnheiten ändern kann,
- daß er meine Gleichgültigkeit und Trägheit und Menschenfurcht überwinden kann,
- daß er mir Phantasie zu einer liebevollen Lebensführung geben kann,
- daß er mich vor dem Bösen warnen kann,
- daß er mir Mut zum Guten geben kann,
- daß er meine selbstbezogene und unfruchtbare Traurigkeit überwinden kann,
- daß er mir Liebe zum Wort Gottes geben kann,
- daß er mir meine Minderwertigkeitsgefühle und meine Allmachtsphantasien nehmen kann,
- daß er meine Aggressionen bzw. Depressionen erhellen und verwandeln kann,
- daß er mir einen verständnisvollen Menschen an die Seite geben kann,
- daß er mein Wesen durchdringen kann.

Das wäre die Richtung für ein Leben im Heiligen Geist.
Wie schaut das praktisch aus: ein Leben im Wirkungsbereich des Heiligen Geistes?

Das könnte bedeuten:

• Müde sein - und doch andere aufmuntern.
• Sich verlassen fühlen - und doch andere zum Lächeln bringen.
• Selber Fragen haben - und sich Ratsuchenden doch nicht verweigern.
• Gehetzt sein - und doch andere nicht mit Ausreden abwimmeln.
• Schmerzen haben - und doch anderen gegenüber Geduld aufbringen.
• Belastet sein - und doch anderen tragen helfen.
• Nach einem Ausweg tasten - und doch die Hand eines anderen nicht loslassen.
• Manches entbehren - und doch anderen nichts missgönnen.
• Enttäuscht sein - und doch anderen ein Stück Hoffnung vorleben.
• Sich ausgebrannt vorkommen - und doch anderen helfen Sinn zu finden.
• Betend selber ohne Antwort bleiben - und doch anderen den Glauben erlebbar machen.
• Mit Ärger angefüllt sein - und doch den Gruß des anderen erwidern.
• Enttäuscht sein - und doch die Fehler anderer nicht an die große Glocke hängen.
• Keinen Dank bekommen - und doch für andere da sein.

Vielleicht hast du entdeckt, wo du schon im Wirkungsbereich des Heiligen Geistes lebst.

Der Geist ist in dir. Er ist schon da,

  • wo dein Leben pulsiert,
  • wo deine Wünsche entspringen,
  • wo deine Sehnsüchte zu strömen beginnen,
  • wo die Funken deiner Liebe sprühen,
  • wo du im Namen Jesu und in der Kraft des Heiligen Geistes Vergebung schenkst,
  • wo du einen neuen Anfang wagst,
  • wo deine neuen Gedanken aufbrechen,
  • wo du deinen Mut zu neuen Begegnungen sammelst,
  • wo dir die Kräfte zu neuen Aufgaben zuwachsen,
  • wo die Freude in dein Wesen tropft,
  • wo du es wagst, du selbst zu sein.

Da ist Gottes Geist in deinem Leben.

2. Oder wir spüren den Heiligen Geist deswegen nicht in unserem Leben, weil wir ihn nicht haben wollen.
Wir beten zwar: Komm, Schöpfer Geist – fürchten uns aber vor der göttlichen Unruhe.
Wir beten zwar: Entzünde die Herzen deiner Gläubigen – und wir fürchten uns dann, von ihm in Brand gesetzt zu werden und daß so manches in unserem Leben in seinem Feuer nicht bestehen könnte. Wir halten ihn auf Sparflamme.

Dann hätten wir nicht begriffen, wer der Heilige Geist ist und wie er wirkt.

Es ist der Geist,
• der über dem Urchaos schwebte und Ordnung schaffte,
• der auf Maria herabkam,
• der auf Jesus bei seiner Taufe herabkam,
• der auf die im Abendmahlssaal versammelten Frauen und Jünger herabkam,
• und den wir in jeder Eucharistiefeier auf die Gaben von Brot und Wein --- und auf uns herabrufen.

Es ist der gute Geist Gottes. - Dieser Geist möchte auch in mir und in Dir zur Grundmelodie und zum Hauptmotiv des Lebens werden.

Dabei geht es weder um besondere, rauschhafte Augenblicke, in denen der Heilige Geist in außergewöhnlicher Weise erfahren wird; noch um einen stimmungsvollen Gottesdienst am Pfingstfest.

Sondern es geht um die Gestaltung unseres normalen, alltäglichen Lebens aus der Taufgnade. Das ist der Heilige Geist, der uns gegeben ist.
Das ist Spiritualität: Gestaltung unseres Lebens aus dieser Kraft der Taufgnade.
Aus der Kraft der Taufgnade unser Leben gestalten und die Widrigkeiten des Alltags annehmen und bewältigen.

Die Spannung von Bitte um die Gabe und bereits geschenkte Gabe.

Die Bitte um den Heiligen Geist bedeutet nicht, daß wir ihn nicht schon besäßen.
Sondern dies ist die Bitte um Freisetzung des in der Taufe empfangenen Heiligen Geistes und seiner Gaben in uns, und es ist unsere Entscheidung dazuhin.

Der Heilige Geist ist nicht aufdringlich, er überfällt uns nicht und zwingt uns nicht, wie andere Geister. Der Heilige Geist will gebeten und eingeladen sein.
Und dann wird er sanfte und beharrliche Impulse geben.

Und woher kommt dieser Geist?
An jedem Karfreitag hören wir in der Liturgie die Passion nach Johannes.
Als Jesus am Kreuz erhöht war und von dem Essig genommen hatte, sprach er:
Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt - und er gab den Geist:
er schenkte den Geist als Gabe in die Welt hinein!
Vom Kreuz herab wurde der Geist in die Welt hinein entbunden.
Heute, am 50. Ostertag, hören wir wieder das Evangelium nach Johannes.
Am Ostertag, am Abend des ersten Tages der Woche, sagt der erhöhte Herr: Empfangt den Heiligen Geist.

Nochmal: Woher kommt dieser Geist?
  • Aus dem Geheimnis von Tod und Auferstehung des Herrn.
  • Aus der Feier der Eucharistie.
  • Und aus dem Empfang der eucharistischen Gaben.

Sende uns deinen Geist, damit er uns in die volle Wahrheit einführt und uns das Geheimnis dieses Opfers immer mehr erschließt.